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Partei uneins

Vor Parteitag: Grüne debattieren über Asylrechts-Verschärfung

  • Veröffentlicht: 17.06.2023
  • 08:15 Uhr
  • Lisa Apfel

Beim kleinen Parteitag der Grünen droht es, heiß herzugehen. Im Fokus: Die Verschärfung des europäischen Asylrechts. Im Vorfeld hatten 80 Landtagsabgeordnete in einem Brief davor gewarnt.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Am Samstag wird der kleine Parteitag der Grünen abgehalten.

  • Im Fokus: Die umstrittene Verschärfung der europäischen Asylregeln.

  • In einem Brief and die Delegierten hatten zuvor mehr als 80 Grüne-Landtagsabgeordnete vor entsprechenden Plänen gewarnt.

Die Grünen wollen an diesem Samstag eine der wohl heftigsten parteiinternen Debatten der jüngeren Vergangenheit öffentlich austragen: Beim kleinen Parteitag im hessischen Kurort Bad Vilbel nahe Frankfurt geht es um den von vielen Grünen heftig kritisierten Beschluss der EU-Innenminister für eine Verschärfung der europäischen Asylregeln. Gegner fordern eine Distanzierung von der Entscheidung, mit der die EU-Staaten nun in Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament zu der Reform gehen sollen.

Asylrecht: Grünen-Brandbrief an Delegierte

Mehr als 80 Grünen-Landtagsabgeordnete warnten in einem Brief an die Delegierten vor den Plänen zur Verschärfung des europäischen Asylrechts. "Diese Einigung wird keine Menschenleben retten, keine gerechte Verteilung in der EU herbeiführen und den Kommunen keine Abhilfe bei ihren akuten Problemen schaffen", heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Ergebnisse stellten "eine weitere Verschlechterung der Rechte für Menschen, die sich auf der Flucht befinden", dar. Der Brief wurde nach Angaben aus Parteikreisen am Freitagabend an die Delegierten verschickt.

In der vergangenen Woche hatten die EU-Innenminister mit deutscher Zustimmung - und damit auch mit Billigung von Spitzen-Grünen - Pläne für eine weitreichende Asylreform beschlossen. Vorgesehen sind zahlreiche Verschärfungen, um irreguläre Migration zu begrenzen - insbesondere aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Selbst Teile des grünen Führungspersonals lehnten die Zustimmung ab.

"Die Einigung der Innenminister stellt eine weitere Verschlechterung der humanitären Lage an den Außengrenzen da, die wir nicht mittragen können", sagte der Chef der Grünen Jugend, Timon Dzienus, der dpa. Man wolle bei dem sogenannten Länderrat eine Kurskorrektur durchsetzen. Ziel seien Bedingungen für die anstehenden Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Staaten, Europaparlament und EU-Kommission. Bei einem endgültigen Beschluss am Ende müsste sich die Bundesregierung erneut positionieren. "Die deutsche Zustimmung wollen wir von klaren Verbesserungen der humanitären Lage an den Außengrenzen abhängig machen", erklärte Dzienus. Die Partei-Nachwuchsorganisation hat mehrere entsprechende Änderungsanträge gestellt.

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"Sehen das europäische Dilemma"

Sie richten sich gegen Passagen im Antrag des Bundesvorstands. In diesem heißt es, in der Einigung im Innenministerrat gebe es Verbesserungen, die ohne deutschen Einsatz nicht zustande gekommen wären. Jedoch seien zentrale Punkte nicht erreicht worden, und das Ergebnis sei von den Positionen der Grünen weit entfernt. "Gleichzeitig sehen wir das europapolitische Dilemma. In der Gesamtschau bewerten wir das Ergebnis unterschiedlich."

Auch der Grünen-Europapolitiker Rasmus Andresen dringt auf Änderungen. Er verlangte eine klare Distanzierung zum Beschluss der Innenminister. "Die EU-Mitgliedsstaaten probieren mit wirkungsloser Abschottungssymbolen, Nebelkerzen zu zünden, die an den wirklichen Herausforderungen vor Ort vorbeigehen", sagte er der dpa. "Der Länderrat sollte harte Ziele für die Verhandlungen zwischen EU-Parlament und Mitgliedsstaaten formulieren. Wenn Familien mit Kindern zukünftig legal inhaftiert werden, sollte für uns eine Grenze überschritten sein."

Ein weiterer Antrag zu "klimaneutralem Wohlstand" ist völlig unumstritten. Während jenseits der Grünen insbesondere das Gesetz zum schrittweisen Heizungstausch für Diskussionen sorgt, ringen die Grünen selbst schmerzlich mit dem Thema Asyl und insbesondere der eigenen Verantwortung. Die niedersächsische Grünen-Chefin Greta Garlichs berichtete dem Magazin "Stern": "Die Stimmung dort ist ziemlich fatal. Wir verlieren langjährige Mitglieder wegen des Beschlusses." Die liberale Haltung der Partei zu Fragen von Flucht und Migration ist für viele Grüne identitätsstiftend.

Neben Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck wird auch Außenministerin Annalena Baerbock in Bad Vilbel erwartet, die für die Zustimmung zu dem Beschluss geworben hatte, unter anderem mit dem Hinweis, dass sonst keine Geflüchteten unter den EU-Staaten verteilt würden. Viele besonders entschiedene Kritiker der Entscheidung kommen aus dem linken Flügel der Partei, der Baerbock in der Vergangenheit gestützt hat. Die eigene Ministerin werden viele nicht beschädigen wollen - was bei so entschiedener Kritik an auch ihrer Positionierung aber ein Balanceakt werden dürfte.

Lang: "Werden leidenschaftlich diskutieren"

Abzuwarten bleibt, welche Rolle das Format der Veranstaltung spielt. Beim Länderrat kommen etwa hundert Delegierte, die von den Landesverbänden bestimmt wurden - eher Funktionäre als die Basis. Leidenschaftliche Debatten wie bei ausgewachsenen Parteitagen gab es hier in der Vergangenheit selten. Das dürfte diesmal anders sein, zumal reguläre Parteimitglieder ebenfalls reden und teilnehmen dürfen, wenn auch nicht abstimmen. Sollte der Länderrat strikte Vorgaben machen für eine Zustimmung der Grünen als Regierungspartei zu einem künftigen endgültigen Asyl-Beschluss, würde das die Führung vor ein Problem stellen - und die Bundesregierung auch.

Die Politische Geschäftsführerin der Grünen, Emily Büning, gab sich gelassen. "Intensive Debatten haben uns als Partei schon immer ausgezeichnet und sind gelebte Demokratie. «Wir scheuen diese Debatten nicht und werden auch dieses Mal gestärkt daraus hervorgehen", sagte sie der dpa. Parteichefin Ricarda Lang sagte der Funke Mediengruppe: "Wir werden leidenschaftlich diskutieren, aber wie immer in großem Respekt voreinander."

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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