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Reform beim Unterhalt

Kinderbetreuung nach Trennung: Buschmann will aktive Väter entlasten

  • Veröffentlicht: 25.08.2023
  • 21:09 Uhr
  • Michael Reimers
Bekommt ein alleinerziehender Elternteil keinerlei Unterstützung bei der Betreuung des Kindes durch den anderen Elternteil, muss er nicht in Vollzeit arbeiten.
Bekommt ein alleinerziehender Elternteil keinerlei Unterstützung bei der Betreuung des Kindes durch den anderen Elternteil, muss er nicht in Vollzeit arbeiten. © Julian Stratenschulte/dpa/dpa-tmn

Betreut der getrennt lebende Elternteil sein Kind mindestens zu 29 Prozent, zahlt er künftig weniger Unterhalt. Das sieht die Reform des Unterhaltsrechts vor. 

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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Reform des Unterhaltsrechts soll mitbetreuende Elternteile finanziell besserstellen.

  • Getrennt lebende Mütter oder Väter, die sich "wesentlich" an der Betreuung ihrer Kinder beteiligen, sollen weniger Unterhalt zahlen müssen.

  • Als wesentlich gilt ein Anteil zwischen 29 und 49 Prozent der Betreuung.

Getrennt lebende Mütter oder Väter, die sich wesentlich an der Betreuung ihrer Kinder beteiligen, sollen weniger Unterhalt zahlen müssen. "Uns geht es vor allem um die Trennungsfamilien, in denen Eltern nach der Trennung gemeinsam Verantwortung für die Kinder übernehmen wollen", erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Freitag (25. August) in Berlin. Davon gebe es zum Glück immer mehr.

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"Für die Unterhaltspflicht des mitbetreuenden Elternteils – oft ist es der Vater – macht es oft gar keinen Unterschied, ob er sich alle zwei Wochenenden um sein Kind kümmert, oder an mehreren Tagen pro Woche", so Buschmann. "Wir wollen sicherstellen, dass das Recht die Betreuungsleistung mitbetreuender Eltern angemessen berücksichtigt, wenn sie erheblich ist." Doch Sozialverbände warnen vor den Plänen.

Anreize schaffen, sich mehr einzubringen

Wenn getrennte Eltern die Betreuung ihrer Kinder nicht hälftig aufteilen, gilt bisher mehr oder weniger der Grundsatz: "Eine(r) betreut, eine(r) zahlt". Ob und wie weit das weniger betreuende Elternteil sich einbringt, hat dabei laut Ministerium auf dessen Unterhaltspflichten kaum Einfluss.

Das will Buschmann ändern. Elternteile, die sich mehr als 29 und weniger als 50 Prozent an der Betreuung beteiligen, sollen finanziell entlastet werden. Derzeit müssen diese Elternteile dem Ministerium zufolge den vollen Unterhalt mit nur sehr geringen Abschlägen zahlen. Die Reform soll Anreize schaffen, sich mehr einzubringen. "Auch künftig soll es dabei ganz maßgeblich auf die Einkommensverhältnisse beider Elternteile ankommen: Wenn ein Elternteil mehr verdient als der andere, dann wird er auch künftig mehr Unterhaltslasten zu tragen haben", schreibt das Ministerium.

Wenn ein Elternteil mehr verdient als der andere, dann wird er auch künftig mehr Unterhaltslasten zu tragen haben.

Erklärung des Bundesjustizministeriums, 25. August 2023

Wie viel Unterhalt zu zahlen ist, hängt von den Nettoeinkommen der Eltern und dem Alter der Kinder ab. So variiert die zu zahlende Summe zwischen fast 440 und rund 1.180 Euro pro Monat. Bei Eltern, die je die Hälfte der Betreuung übernehmen und im Verhältnis ihrer Einkommen Unterhalt leisten müssen, soll sich nichts ändern. Das gilt auch, wenn Mutter oder Vater die Betreuung fast oder gänzlich allein stemmen und vom anderen Geld erhalten.

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Anzahl der Übernachtungen entscheidend

Welchen Anteil der Betreuung ein Elternteil übernimmt, soll anhand der Übernachtungen des Kindes errechnet werden. Wenn das nicht praktikabel ist, weil keine Übernachtungen möglich sind, sollen auch andere Kriterien wie Betreuung im Krankheitsfall, Freizeitorganisation oder Begleitung bei Terminen in der Schule oder beim Arzt relevant sein.

Der Bedarf des Kindes ergibt sich aus den Einkommen der Eltern anhand der sogenannten Düsseldorfer Tabelle, die von Familienrichtern in Deutschland jährlich neu erstellt wird. In einem genauen Verfahren soll künftig die genaue Höhe ermittelt werden. So oder so müssen jedem mindestens 1.650 Euro für den eigenen Lebensunterhalt bleiben.

Buschmann will Betreuungsgeld erhöhen

Anders als der Kindesunterhalt ist der Betreuungsunterhalt eine Leistung eines Elternteils an den anderen – und nicht an das Kind. Er ist für Fälle gedacht, in denen das Kind noch sehr klein ist und viel Betreuung braucht und die Mutter oder der Vater, der sich vorrangig darum kümmert, weniger oder gar nicht arbeitet. Die Zahlung ist zunächst auf drei Jahre befristet.

Bei ehemaligen Paaren, die nicht miteinander verheiratet waren, fällt diese Unterstützung bisher geringer aus. Auch das will Buschmann ändern – sofern die Fälle vergleichbar sind. Das kann laut Ministerium zum Beispiel der Fall sein, wenn die Eltern vor der Trennung längere Zeit mit ihren Kindern zusammengelebt haben. Auch bei nicht vergleichbaren Fällen soll es eine Verbesserung geben für den Empfänger oder die Empfängerin.

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Sozialverbände befürchten Nachteile für Mütter

Kritik an den Plänen hagelte es von Sozialverbänden. Die Extra-Kosten, die beim hauptbetreuenden Elternteil durch laufende Ausgaben für Essen, Bildung oder Freizeit entstünden, würden zu wenig berücksichtigt, kritisierte die Deutsche Kinderhilfe. Die Mütterinitiative für Alleinerziehende sagte mehr Umgangsstreitigkeiten und Konflikte voraus.

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) ist ebenfalls skeptisch. "Alleinerziehende Mütter, die auch heute noch überwiegend die Hauptlast der Kinderbetreuung und Erziehung tragen, dürfen dadurch nicht schlechter gestellt werden", warnte die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier. "Nachteile in der Erwerbsfähigkeit und die damit verbundene ökonomische Schlechterstellung, die durch die Verteilung der Betreuung schon vor der Trennung entstanden sind, müssen ebenfalls berücksichtigt werden", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag).

Ministerium hält dagegen

"Von einer klaren gesetzlichen Regel würden beide Elternteile profitieren", argumentiert das Justizministerium. "Denn Rechtsunsicherheit erzeugt oftmals Streit." Finanzielle Vorteile würden sich aus der Reform für die meist nur mitbetreuenden Väter ergeben. Aber auch hauptbetreuende Mütter hätten dann Vorteile, weil so für Väter Anreize entstünden, sich stärker zu engagieren.

Der Unterhaltsanspruch von Kindern würde nicht reduziert, auch wenn der mitbetreuende Elternteil weniger zahlen müsste - er oder sie würde ja schließlich auch einen erheblichen Teil der Betreuung übernehmen und des Bedarfs, der dabei entstünde. Alleinerziehende seien nicht betroffen, da es bei der Reform nur um Fälle gehe, in denen der zweite Elternteil sich auch nennenswert einbringt.

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18 Prozent in Deutschland sind alleinerziehend

In Deutschland gibt es laut Bundesfamilienministerium insgesamt mehr als acht Millionen Familien mit rund 13 Millionen minderjährigen Kindern. In rund 1,4 Millionen dieser Familien, also etwa 18 Prozent, gibt es den Angaben zufolge einen alleinerziehenden Elternteil. Das heißt: Mehr als 2,3 Millionen Kinder unter 18 Jahren leben nur mit entweder Vater oder Mutter zusammen.

Meistens übernehmen immer noch Frauen die alleinige Betreuung der Kinder. Dem Statistischen Bundesamt zufolge stieg allerdings der Anteil alleinerziehender Männer in den vergangenen Jahren, von rund 10 Prozent 2012 auf etwa 15 Prozent 2022. In den meisten Fällen sind damit die Väter unterhaltspflichtig.

Nur die Hälfte zahlt Unterhalt

Nach Angaben der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2016 zahlten damals rund 50 Prozent der Unterhaltspflichtigen in Deutschland keinen Kindesunterhalt. Etwa 25 Prozent zahlten demnach nur unregelmäßig oder weniger als den Kindern mindestens zustand. Lediglich ein Viertel zahlte regelmäßig.

Buschmanns Konzept soll nun ein ausführlicherer Gesetzentwurf folgen. Wenn dieser innerhalb der Bundesregierung beraten und beschlossen ist, ist der Bundestag am Zug, die Reform zu beschließen.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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