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Feierlichkeiten im News-Ticker

Steinmeier bei Grundgesetz-Staatsakt: "Es kommen raue Jahre auf uns zu"

  • Aktualisiert: 23.05.2024
  • 15:35 Uhr
  • Lena Glöckner

Ein Provisorium, das zum Dauerzustand wurde: Seit 75 Jahren sorgt das Grundgesetz für politische Stabilität in Deutschland. Erst nur im Westen, seit 1990 in West und Ost. Das wird heute gefeiert. Die Ereignisse im News-Ticker.

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Mit einem Staatsakt zwischen Reichstagsgebäude und Kanzleramt feiern die Spitzen von Staat und Gesellschaft am Donnerstag in Berlin das Inkrafttreten des Grundgesetzes vor 75 Jahren. Der 23. Mai 1949 markiert zugleich das Gründungsdatum der Bundesrepublik Deutschland. Erinnert werden soll auch an die Friedliche Revolution in der DDR, die sich in diesem Jahr zum 35. Mal jährt. Sie führte letztlich dazu, dass das anfangs nur für Westdeutschland geltende Grundgesetz zur Verfassung für ganz Deutschland wurde.

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Merkel ruft zu Schutz des Grundgesetzes auf

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel hat anlässlich des 55. Gründungstags der Bundesrepublik Deutschland zum Einsatz für Demokratie und zur Verteidigung des Grundgesetzes aufgerufen. "Wir müssen es schützen", sagte die CDU-Politikerin dem ARD-"Bericht aus Berlin". Sie schaue fröhlich auf diesen Tag, aber auch entschieden, dafür zu kämpfen, dass künftige Generationen noch "das Glück des Grundgesetzes" haben.

Als großes Problem bezeichnete Merkel Gewalt gegen Politiker, insbesondere in den Kommunen. Dort engagierten sich Menschen, die weniger Schutz als Spitzenpolitiker hätten. "Deshalb müssen wir gemeinsam wehrhaft sein", sagte die frühere Kanzlerin.

Persönlich schaue sie "sehr glücklich auf diesen Tag", betonte Merkel. "Ich habe in meiner Kindheit nicht damit gerechnet, dass ich auch an diesem Grundgesetz mit beteiligt sein kann und es leben darf", fügte sie hinzu.

Altkanzlerin Angela Merkel beim Staatsakt zu 75 Jahren Grundgesetz.
Altkanzlerin Angela Merkel beim Staatsakt zu 75 Jahren Grundgesetz.© AP
 

Steinmeier: "Es kommen raue, auch härtere Jahre auf uns zu"

Steinmeier rief ihn seiner Rede außerdem dazu auf, die Errungenschaften von Freiheit und Demokratie gegen ihre Feinde zu verteidigen. "Unsere Demokratie ist wehrhaft. Wer heute unsere liberale Demokratie bekämpft, muss wissen, dass er es dieses Mal mit einer kämpferischen Demokratie und mit kämpferischen Demokratinnen und Demokraten zu tun hat", sagte Steinmeier.

Der Bundespräsident betonte: "Für mich steht fest: Wir leben in einer Zeit der Bewährung. Es kommen raue, auch härtere Jahre auf uns zu. Die Antwort darauf können und dürfen nicht Kleinmut oder Selbstzweifel sein." Falsch wäre es auch, von einer bequemeren Vergangenheit zu träumen oder täglich den Untergang des Landes zu beschwören. Dies lähme nur. "Wir müssen uns jetzt behaupten – mit Realismus, mit Ehrgeiz. Das ist die Aufgabe der Zeit. Selbstbehauptung ist die Aufgabe unserer Zeit!"

Steinmeier wies in diesem Zusammenhang auf die Bedrohung durch Russland hin. Niemand wisse, wann der Machthunger von Kremlchef Wladimir Putin gestillt sei. Für ihn sei zwingend: "Wir müssen mehr tun für unsere Sicherheit. Wir müssen in unsere Verteidigung investieren. Wir müssen unser Bündnis stärken. Und wir brauchen dafür die finanziellen Mittel." Es brauche aber auch eine starke Gesellschaft. "Eine starke Gesellschaft, die um den Wert der Freiheit weiß und die bereit ist, Bedrohungen der Freiheit entgegenzutreten, die um ihren Zusammenhalt weiß." Militärische Sicherheit und gesellschaftliche Widerstandskraft gehörten zusammen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht beim Staatsakt zu "75 Jahre Grundgesetz".
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht beim Staatsakt zu "75 Jahre Grundgesetz".© Kay Nietfeld/dpa
 

Steinmeier würdigt Grundgesetz als "großartiges Geschenk"

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat das Grundgesetz als ein "großartiges Geschenk" für Deutschland nach der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gewürdigt. "Ein Geschenk, das nicht nur in Erinnerung bleiben darf, sondern das wir im Alltag der Republik pflegen, bewahren und verteidigen müssen", sagte Steinmeier beim Festakt zum Inkrafttreten des Grundgesetzes vor 75 Jahren. "Ich bin überzeugt: Diese Verfassung gehört zu dem Besten, was Deutschland hervorgebracht hat." Inzwischen sei sie einer der ältesten Verfassungen weltweit und Vorbild für viele Verfassungen geworden.

Das Grundgesetz sei der "Aufbruch in eine hellere Zukunft" gewesen. Es garantiere Freiheit und erwarte Verantwortung. "Es schafft ein stabiles Gebäude, in dem die Menschen sich zunehmend zu Hause und aufgehoben fühlen konnten, in dem die Gesellschaft sich entwickeln und erneuern konnte. Es ist das Modell für das friedliche Zusammenleben in einer Gesellschaft der Verschiedenen - geschichtsbewusst und zukunftsoffen." Voller Bewunderung und Dankbarkeit schaue man auf die Arbeit der Mütter und Väter des Grundgesetzes.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht beim Staatsakt zu "75 Jahre Grundgesetz" auf dem Forum zwischen Bundestag und Bundeskanzleramt.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht beim Staatsakt zu "75 Jahre Grundgesetz" auf dem Forum zwischen Bundestag und Bundeskanzleramt.© Bernd von Jutrczenka/dpa
 

Auch Merkel und Schröder bei Grundgesetz-Feier

Beim großen Festakt zu 75 Jahren Grundgesetz sind auch die Altkanzler:innen zugegen - Angela Merkel und Gerhard Schröder. Hier begrüßen sie sich am Rande der Feierlichkeiten. Auch dabei: Schröders Ehefrau So-yeon Schröder Kim.

Angela Merkel begrüßt So-yeon Schröder-Kim und Gerhard Schröder.
Angela Merkel begrüßt So-yeon Schröder-Kim und Gerhard Schröder.© Michael Kappeler/dpa
 

Fallschirmspringer der Bundespolizei über Staatsakt

Am blauen Himmel schwebten plötzlich ungewöhnliche Fallschirme: Einer war in den Farben Schwarz-Rot-Gold. Der Fallschirmspringer trug außerdem eine große Fahne in diesen Farben. Es sind die Farben von Deutschland. Ein anderer Fallschirmspringer brachte ein großes Transparent mit der Aufschrift "75 Jahre" auf die Erde in der Hauptstadt Berlin.

Die Himmelsshow erinnerte an einen Geburtstag: den des Grundgesetzes. In dem stehen die wichtigsten Regeln für Deutschland, zum Beispiel: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Fallschirmspringer der Bundespolizei.
Fallschirmspringer der Bundespolizei.© Kay Nietfeld/dpa
 

Ökumenischer Gottesdienst: Steinmeier und Scholz in der ersten Reihe

Beim Ökumenischen Gottesdienst anlässlich des Staatsakts saßen die Vertreter:innen der Verfassungsorgane am Morgen in der St. Marienkirche in Berlin-Mitte in der ersten Reihe.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Frau Britta Ernst, Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und amtierende Bundesratspräsidentin, und ihr Mann Stefan Schwesig sowie Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, und seine Frau Juliane Harbarth waren vor Ort.

Die Vertreter der Verfassungsorgane beim Ökumenischen Gottesdienst.
Die Vertreter der Verfassungsorgane beim Ökumenischen Gottesdienst.© Bernd von Jutrczenka/dpa
 

Demokratiefest im Regierungsviertel

An dem Festakt nehmen unter anderem die Spitzen der fünf Verfassungsorgane teil. Neben dem Bundespräsidenten sind dies die Präsident:innen von Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht - Bärbel Bas (SPD), Manuela Schwesig (SPD) und Stephan Harbarth - sowie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Dem Staatsakt geht ein ökumenischer Gottesdienst mit Beteiligung mehrerer Religionen in der St. Marienkirche voraus. Die Polizei sichert den Festakt mit erwarteten 1.100 Gästen mit hohem Aufwand ab. Rund 1.000 Beamte sind für die Sicherheit und Verkehrslenkung im Einsatz.

Nach dem Staatsakt werden auch die Bürger:innen Gelegenheit haben, ihre Verfassung zu feiern. Im Berliner Regierungsviertel wird es von Freitag bis Sonntag ein Demokratiefest geben, am Samstag auch im alten Bonner Regierungsviertel, wo Steinmeier seinen dortigen Amtssitz, die Villa Hammerschmidt, öffnet.

Eine Brücke zum Berliner Regierungsviertel wird von der Polizei beim Demokratiefest abgesperrt.
Eine Brücke zum Berliner Regierungsviertel wird von der Polizei beim Demokratiefest abgesperrt.© Christophe Gateau/dpa
 

Weil: Demos für Demokratie sind Geburtstagsgeschenk für Grundgesetz

Die riesigen Demonstrationen für die Demokratie Anfang des Jahres waren aus Sicht von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil ein "vorgezogenes Geburtstagsgeschenk" für das Grundgesetz. "Ich bin sicher, dem Geburtstagskind hat das ungeheuer gefallen", sagte der SPD-Politiker im Interview mit der "Braunschweiger Zeitung". Weil sagte weiter:  "Das größte Geschenk, das wir alle dem Grundgesetz machen können, ist, sich in der Demokratie zu engagieren, eine gute Bürgerin oder ein guter Bürger zu sein." Er freue sich darüber hinaus über viele Aktivitäten zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes.

"In den christlichen Kirchen und in den Ditib-Gemeinden wird es übrigens Predigten und Freitagsgebete zum Jubiläum des Grundgesetzes geben", sagte Weil der Zeitung. "Und ich wünsche mir, dass es noch viele weitere Aktionen gibt, mit denen wir das Grundgesetz und unsere Demokratie feiern. Verdient haben sie es!"

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Grundgesetz am 23. Mai 1949 von Konrad Adenauer verkündet

Das Grundgesetz war entstanden, nachdem die Militärgouverneure der Westmächte am 1. Juli 1948 die elf Ministerpräsidenten der westdeutschen Länder beauftragt hatten, eine "verfassungsgebende Versammlung" einzuberufen. Wichtige Vorarbeiten leistete im August 1948 der Verfassungskonvent auf der Insel Herrenchiemsee. Vom 1. September 1948 an erarbeitete der Parlamentarische Rat in Bonn das Grundgesetz, das am 8. Mai 1949 verabschiedet und am 23. Mai vom Vorsitzenden des Parlamentarischen Rates, Konrad Adenauer, verkündet wurde.

Dem Parlamentarischen Rat gehörten 65 von den elf Landtagen gewählte Mitglieder an. Er bestand aus 61 Männern und 4 Frauen. Letztere setzten durch, dass in Artikel 3 die Norm "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" aufgenommen wurde - was allerdings bis heute beispielsweise bei der Bezahlung im Beruf und bei der Besetzung von Spitzenpositionen längst nicht umgesetzt ist. Kern des Grundgesetzes ist sein Katalog an Grundrechten in den Artikeln 1 bis 19, dessen Leuchtturm gewissermaßen in Artikel 1 steht: "Die Würde des Menschen ist unantastbar."

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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