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Demokratie in Gefahr

Verfassungsschutz-Präsident Haldenwang: "Schweigende Mehrheit" muss aufwachen

  • Aktualisiert: 11.01.2024
  • 13:28 Uhr
  • Michael Reimers
Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, kommt zum Gemeindetag des Zentralrats der Juden 2023 in Berlin.
Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, kommt zum Gemeindetag des Zentralrats der Juden 2023 in Berlin.© Joerg Carstensen/dpa

Die Mitte der Gesellschaft habe es sich im Privaten bequem gemacht, kritisiert Haldenwang. Sie müsse sich aber gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus positionieren.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz hat in einem Interview die "schweigende Mehrheit" der Gesellschaft aufgefordert, für die Demokratie einzustehen.

  • Die Demokratie in Deutschland ist Thomas Haldenwang zufolge stärker bedroht, als es von der Mitte der Gesellschaft wahrgenommen wird.

  • Die Mehrheit müsse endlich klar Position beziehen gegen Extremismus in Deutschland.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) ist der Ansicht, dass viele Deutsche die Bedrohungen für die Demokratie nicht ernst genug nehmen. Die Demokratie in Deutschland sei stärker bedroht, als es von der Mitte der Gesellschaft wahrgenommen werde, sagte Thomas Haldenwang dem ARD-Politikmagazin "Kontraste". Anzeichen dafür seien eine Gleichgültigkeit "gegenüber dem Erstarken bestimmter Parteien" und der Umgang mit Antisemitismus.

Die Mitte der Gesellschaft in Deutschland scheine ihm sehr bequem geworden zu sein, so der Verfassungsschutz-Chef. Man habe sich sehr im komfortablen Privatleben eingerichtet und nehme "nicht hinreichend wahr, wie ernsthaft die Bedrohungen für unsere Demokratie inzwischen geworden sind". Er wünsche sich, dass die "schweigende Mehrheit" wach werde und "auch endlich" klar Position beziehe gegen Extremismus in Deutschland. Sicherheitsbehörden könnten nur bedingt gegen die Gefahren für die Demokratie vorgehen.

Im Video: Brandanschlag auf jüdische Gemeinde in Berlin

Brandanschlag auf jüdische Gemeinde in Berlin

Haldenwang: "Es ist eine Schande"

Sowohl quantitativ als auch qualitativ habe Antisemitismus in Deutschland eine neue Dimension erreicht, sagte Haldenwang weiter. So habe man im gesamten Jahr 2022 in Deutschland mehr als 2.600 antisemitische Straftaten registriert. Allein in den drei Monaten seit dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 wurden jedoch bereits deutlich mehr als 1.200 antisemitische Straftaten verzeichnet, so Haldenwang. "Es ist eine Schande, es ist beschämend, wie in dem Land, von dem der Holocaust ausgegangen ist, wie offen inzwischen Antisemitismus gezeigt wird."

Der 7. Oktober bedeute deshalb auch für Deutschland eine Zäsur, so Haldenwang. "Dass auf Deutschlands Straßen wieder Davidsterne an Häuser gemalt werden, dass Synagogen mit Brandsätzen attackiert werden, das ist eine völlig neue Qualität, die wir auch in der Vergangenheit so nicht wahrgenommen haben."

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Antisemitische Gefahr aus dem In- und Ausland

Die größte Gefahr für Jüdinnen und Juden in Deutschland ging Haldenwang zufolge in der Vergangenheit eindeutig von Rechtsextremist:innen aus. Die Anschläge vom 7. Oktober hätten jedoch auch Antisemitismus linksextremer Gruppierungen, auf den der Verfassungsschutz schon länger regelmäßig aufmerksam gemacht habe, sowie die Judenfeindlichkeit islamistischer Gruppierungen deutlich sichtbarer gemacht. Antisemitismus werde aber auch von türkischen extremistischen Gruppen in Deutschland propagiert, sowohl aus dem links-  als auch aus dem rechtsextremen Spektrum, so der BfV-Präsident.

Auch aus dem Ausland droht nach Einschätzung von Haldenwang Gefahr für jüdische Menschen in Deutschland. Im Zusammenhang mit den Anschlägen auf jüdische Einrichtungen im Ruhrgebiet vom November 2022 sei inzwischen eindeutig belegt, dass der iranische Staat hinter den Aktionen stehe, sagte der Verfassungsschutz-Präsident. Der Iran habe auch aktuell ein Interesse daran, in Deutschland Emotionen zu wecken und antisemitische Haltungen zu unterstützen. "Es gibt aber eben entsprechende Äußerungen, durchaus auch aus der Türkei heraus. Und vor dem Hintergrund, dass wir natürlich hier in Deutschland eine sehr große türkische Diaspora haben und möglicherweise Teile dieser Diaspora empfänglich sind für solche Zurufe von außerhalb, muss uns das auch besorgen", so Haldenwang.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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