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Fraktionsvize Johann Wadephul

"Bedingt abwehrbereit": Union kritisiert Zustand der Bundeswehr 

  • Veröffentlicht: 02.07.2024
  • 10:35 Uhr
  • dpa

Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) kritisiert den Zustand der Bundeswehr. Und rät vom "Prinzip Hoffnung" ab.

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Mangel an Waffen, Mangel an Munition, weniger Soldaten - und das im dritten Jahr der militärischen Zeitenwende: Die Union kritisiert den Zustand der Bundeswehr deswegen scharf. "Die Ampel wird die Bundeswehr in einem schlechteren Zustand übergeben, als sie sie übernommen hat", sagt Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin. Das gelte für die materielle und auch die personelle Ausstattung, "also kurz gefasst die Einsatzbereitschaft". Der Außen- und Verteidigungspolitiker warnt: "Das ganz alte Schlagwort 'Bedingt abwehrbereit' bekommt eine neue Aktualität."

Im Video: Bundeswehr-General erwartet russischen Angriff auf NATO-Gebiet

Nicht alles sei von der Regierung selbst verschuldet, sagt Wadephul dazu. "Ich kritisiere keine Einzige der Abgaben. Das hat naturgemäß zu einer schlechteren Ausstattung beigetragen. Man muss allerdings sagen, sowohl was die materielle Ausstattung angeht, als auch was die personelle Ausstattung angeht, fehlt es schlicht und ergreifend an effektiven und durchgreifenden Maßnahmen, die zu einer Verbesserung geführt hätten."

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Informationen zum Bundeswehr-Zustand nicht mehr öffentlich

Nach Informationen der dpa informierte die Bundesregierung den Verteidigungsausschuss des Bundestags jüngst über die materielle Einsatzbereitschaft mit Details, die Sorge auslösten. Wegen einer grundsätzlich geänderten Bedrohungslage sind solche Daten - anders als in früheren Jahren - nicht mehr öffentlich. Die genauen Angaben sind nur einem engeren Personenkreis zugänglich und liegen in der Geheimschutzstelle des Bundestags.

Einige Nöte sind aber bekannt: So hat die Luftwaffe drei von zwölf Patriot-Luftabwehrsystemen an die Ukraine übergeben, weitere sind in der Industrie zur Modernisierung. Der Bestand ist nun so, dass gerade noch selbst ausgebildet werden kann. Das Panzerbataillon 203 aus dem nordrhein-westfälischen Augustdorf hat seine Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine abgegeben und ist also blank.

Die Artillerieschule im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein - laut Bundeswehr "zentrale Ausbildungsstätte für indirektes Feuer" - müsste sieben Panzerhaubitzen haben, hatte zuletzt aber noch drei - und nur eine funktionierte, wie es aus dem Militär hieß. Großes Sorgenkind ist die Munition, zu der auch hochmoderne Lenkflugkörper gehören und für die es Mengenvorgaben der Nato gibt.

Union sieht große Baustelle bei Bodentruppen

"Nach allem, was man hört und liest, erfüllt Deutschland Mindestanforderungen an Beständen im Bereich Munition nicht. Wir müssen dabei immer berücksichtigen, dass Munition für Übungen verbraucht wird und sie eben auch Haltbarkeitsdaten überschreitet. Die Nachbeschaffung krankt. Wir laufen wirklich Gefahr, an der Stelle zu einem Problem auch innerhalb der NATO zu werden", warnt Wadephul.

Er macht die Hauptproblemfelder vor allem bei den deutschen Landstreitkräften aus, die "komplett vernachlässigt" worden seien. "Der Ukraine-Krieg zeigt aber: Wir müssen uns insbesondere auf eine bodengebundene Auseinandersetzung einstellen. Aus meiner Sicht wird in dem Bereich zu wenig investiert", sagt der Unionsmann.

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"Ich kenne einen Kommandeur, der mir sagt: Ich habe zwar immer noch 100 Prozent des Personals, aber ich habe 20 Prozent der materiellen Ausstattung. Und deswegen gibt es in großen Teilen auch der aktiven Truppe eine tiefe Frustration. Leute, die gut und die sehr gut sind, verlängern nicht, bleiben nicht in der Bundeswehr, ziehen auch den Antrag auf Berufssoldat zurück. Und das spricht sich herum." Trotz einer Personaloffensive war die Bundeswehr im vergangenen Jahr auf 181 500 Soldaten geschrumpft - und die Zahl der Männer und Frauen ist weiter gesunken.

Im Video: Neustrukturierung der Bundeswehr - Pistorius stellt neues Wehrpflicht-Modell vor

Drohnenlosigkeit droht zur Gefahr zu werden

Bei den Fähigkeiten geht es auch um die Flugabwehr. "Wir wissen spätestens seit dem Berg-Karabach-Konflikt, dass Drohnen auf dem Gefechtsfeld eine ganz neue Bedrohung sind, gegen die die Bundeswehr faktisch schutzlos ist", sagt er. Dass es nun erst eine sogenannte Task Force Drohnen gibt, sei "schon fast eine Karikatur". Deutschland müsse Drohnen effektiver beschaffen und die Fähigkeit zu ihrer Bekämpfung haben. "Über dem Gefechtsfeld der Ukraine ist der Himmel schwarz mit Kleinst-, Mini- bis Großdrohnen. Und die Bundeswehr sieht von alledem gar nichts. Wer, wie der Verteidigungsminister, von Kriegstüchtigkeit spricht, der muss in allen Dimensionen auch adäquate Antworten geben."

Ungeachtet der Probleme gebe es aber "noch nicht mal ein Reförmchen im Bereich des Beschaffungswesens". Nötig seien neue Strukturen für die Aufgaben des Beschaffungsamts (BAAINBw). "Das Stichwort dafür ist eine Beschaffungsagentur. Insbesondere die SPD klebt aber an einer öffentlich-rechtlichen Struktur, die aber nicht mehr zukunftsfähig ist", erklärt Wadephul. "Diese große überladene Beschaffungsbehörde kann strukturell nicht in der Lage sein, schnell und effektiv zu beschaffen."

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Große Herausforderung: Woher soll das Geld für die Bundeswehr kommen?

Er sehe keine Planungen, den Verteidigungsetat deutlich steigen zu lassen. Pistorius habe schon für dieses Jahr zehn Milliarden Euro mehr gefordert und nicht bekommen, sondern nur die höheren Personalkosten. "Wir haben faktisch eine Nulllinie, die unter Berücksichtigung der Inflation eine Minuslinie ist", erläutert Wadephul. Gerade die Munitionsbeschaffungen müssten aber über mehrere Jahre erfolgen und im normalen Haushalt abgebildet sein.

"Ich rate davon ab, dass wir auf das Prinzip Hoffnung setzen", sagt er. Russland bereite sich militärisch auf mehr vor und regeneriere Fähigkeiten und Kapazitäten. "Und wenn sich Russland auf mehr vorbereitet, sollten wir uns auch auf mehr vorbereiten." Das gelte auch, falls es zu Waffenstillstandsverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland kommen sollte. "Das haben wir jetzt gelernt: Wir werden Sicherheit nicht mit, sondern nur noch gegen Russland in Europa haben", sagt Wadephul.

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