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Interview

Was, wenn die AfD stärkste Kraft wird? - "Dann brauchen wir eine Koalition aller"

  • Veröffentlicht: 30.06.2023
  • 16:07 Uhr
  • Charlotte Potts, Lena Glöckner
Die Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele über die Stärke der AfD - und wie die übrigen Parteien damit umgehen sollten.
Die Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele über die Stärke der AfD - und wie die übrigen Parteien damit umgehen sollten.© Newstime

Welche Strategie sollten die übrigen Parteien fahren, wenn die AfD bei einer Landtagswahl stärkste Kraft wird? Das und vieles weitere erklärt Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele im Gespräch mit :newstime.

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Viele in Deutschland blicken erschüttert auf die Wahl des bundesweit ersten Landrats der AfD in Thüringen. Aber die Partei steht nicht nur in Thüringen gut da - auch bundesweit holt sie in Umfragen zwischen 18 und 20 Prozent. Die übrigen Parteien raufen sich die Haare, was nun zu tun ist. Welches Rezept gibt es gegen die AfD?

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Im Gespräch mit :newstime erklärt Dr. Andrea Römmele, Politikwissenschaftlerin von der Berliner Hertie School of Governance, ob die Unzufriedenheit mit der Ampel tatsächlich die Ursache für das Erstarken der Rechtspopulisten ist - und sie gibt eine Handlungsempfehlung für die Parteien, sollte die AfD ihren Höhenflug bis 2024 fortsetzen können.

:newstime: Einer der Hauptgründe für den Erfolg der AfD ist die aktuelle Unzufriedenheit mit der Regierung. Womit genau sind die Bürger:innen unzufrieden?

Andrea Römmele: Es sind mehrere Dinge. Der erste Punkt ist sicherlich die dauernden Streitereien in der Ampel-Regierung, dass die Ampel nicht als Einheit dasteht, sondern relativ zerstritten ist. Es fehlt auch das positive Narrativ der Ampel, also womit die Ampel mal gestartet ist. Mehr Fortschritt wagen. Die Transformation der nächsten zehn Jahre auf den Weg bringen. All das verliert sich jetzt im Kleinklein. Und Demokratie braucht ein positives Narrativ. Das fehlt den Bürgerinnen und Bürgern. Auf der anderen Seite muss man auch sagen, dass bei den Flügelkämpfen und persönlichen Streitereien, die die AfD in den letzten Jahren hatte, etwas Ruhe eingekehrt ist. Die AfD steht jetzt geschlossener da. Das spielt der Partei sicherlich auch in die Hände. Und es sind es die Ängste der Bürgerinnen und Bürger, was Inflation, aber auch was das Thema Migration anbelangt. Das sind alles Themen, die der AfD gerade in die Hände spielen.

Römmele: Ampel muss besser kommunizieren

:newstime: Man sagt oft, das sind dann die Protestwähler. Aber die Gründe, die Sie gerade angeführt haben, sind eigentlich sehr reale Gründe.

Andrea Römmele: Wir müssen jetzt sehen, ob die AfD eine Protestpartei bleibt oder ob sie die Erfolge, die sie in den letzten Landtagswahlen und auch Bundestagswahlen hatten, wiederholen können. Jetzt geht es darum, ob die AfD sich stabilisiert und dieses Umfragehoch auch hält? Wir haben in den jüngsten Umfragen gesehen, dass die AfD die zweitstärkste Partei ist, und zwar nicht in Ostdeutschland, sondern in der gesamten Bundesrepublik. Das ist schon ein Ausrufezeichen. Und hier müssen sich die demokratischen Parteien überlegen, wie sie dem entgegenstehen.

:newstime: Heißt das: Mehr Streit in der Ampel, noch mehr Zugewinne für die AfD?

Andrea Römmele: Nein, so einfach ist es nicht. Aber die Ampel muss jetzt inhaltlich liefern. Sie muss die Themen, die sie im Koalitionsvertrag aufgeführt hat, umsetzen. Das hat sie zum Teil auch schon, vor allem wenn man die großen Herausforderungen mit dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine betrachtet. Die Ampel hat durchaus schon geliefert. Sie kommuniziert es nur nicht richtig. Das positive Narrativ fehlt und wird überlagert von den Streitigkeiten.

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Dass AfD 2024 stärkste Kraft wird, ist "momentan eher wahrscheinlich"

:newstime: Es klingt so, als wenn die etablierten Parteien noch keine Strategie entwickelt hätten, wie sie mit der AfD umgehen sollen, oder?

Andrea Römmele: Genau, und das ist dringend nötig. Vor allem mit den Landtagswahlen 2024, die wir ja jetzt in mehr als einem Jahr vor der Tür haben. In drei ostdeutschen Ländern wird 2024 gewählt. Und die CDU, aber auch alle anderen demokratischen Parteien müssen in Szenarien denken und müssen durchspielen: Was machen wir, wenn die AfD in allen drei Ländern die stärkste Fraktion wird? Das ist nicht im Bereich des Unmöglichen, das ist eigentlich momentan eher wahrscheinlich. Und dazu müssen Szenarien durchdacht werden. Wie stellen wir uns hier auf? Bei der CDU die große Frage: Koalieren wir mit der AfD oder steht die Brandmauer? Friedrich Merz ist damals als Parteivorsitzender mit dem Ausspruch angetreten: Ich möchte die Wählerschaft der AfD halbieren. Mittlerweile ist sie deutlich angewachsen. Also die Frage an die CDU: Steht die Brandmauer? Die Frage an alle anderen demokratischen Parteien: Wie geht man dann mit einer so starken Fraktion um? Gibt es beispielsweise ein Weimar 2.0, bei dem sich alle demokratischen Parteien in einer Koalition zusammenschließen und gegen die AfD regieren.

Auch, warum Wähler:innen trotz des Angebotes weiterer Oppositionsangebote die AfD wählen und wie die Rechtspopulisten es schaffen könnten, unsere Demokratie durch Demokratie abzuschaffen, erklärt die Politikwissenschaftlerin im Gespräch.

Das gesamte Interview sehen Sie hier.

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